Dass Deutschland im Bereich Digitalisierung international zurückfällt, ist zwar eine bekannte Tatsache, jedoch nur in manchen Bereichen zutreffend. Der amerikanische Netzwerkausrüster Cisco hat letztes Jahr den Digital Readiness Index bestimmt, der misst, wie gut einzelne Nationen auf die Digitalisierung vorbereitet sind. Deutschland befindet sich, laut Cisco’s Studie, in der Spitzengruppe und damit in der sogenannten „Intensivierungsphase“ der Digitalisierung. In Punkten wie dem Lebensstandard und den allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist das beispielsweise der Fall. Doch in der technologischen Infrastruktur und der Selbstwahrnehmung der Deutschen gegenüber dem Stand der Digitalisierung muss noch einiges getan werden, damit sich der Abstand zu Ländern wie den USA oder China nicht noch vergrößert.
Veränderung um mitzuhalten
Es gibt einige Bereiche, in denen Deutschland jetzt stark aufholen muss, um den internationalen Anschluss an die digitale Entwicklung nicht zu verlieren. Auch wenn wir im Gesamtranking gar nicht so schlecht dastehen, wie alle immer glauben, gibt es einige Kerngebiete, in denen der digitale Wandel nur sehr schleppend von Statten geht und es dringenden Nachholbedarf gibt.
Insbesondere die Sicht der Deutschen auf das Thema Digitalisierung fällt im Vergleich zu anderen Ländern überraschend pessimistisch aus. Fast die Hälfte der Einwohner steht der Digitalisierung eher skeptisch gegenüber. Die Sorge im Hinblick auf Datensicherheit und die Angst vor Verlust von Arbeitsstellen ist groß. Vor allem im Hinblick auf den Arbeitsmarkt gibt es einige Branchen (u.a. die Automobilindustrie) deren Stellen aufgrund der zunehmenden Automatisierung wegfallen werden. Dennoch werden durch den Wandel in der Produktion auch neue Sparten zugänglich, die wiederum Arbeitsplätze schaffen und Beschäftigte entlasten. Auf langfristige Sicht können sowohl die einzelnen Bürger als auch die Wirtschaft von einer großflächigen Digitalisierung profitieren. In der jetzigen Umbruchzeit sollte man sich also auf Veränderung einlassen und zuversichtlich sein, statt diese aus Besorgnis auszubremsen.
Eine weitere große Stellschraube ist die Investitionsbereitschaft der deutschen Regierung in den digitalen Ausbau auf allen Ebenen. Genehmigungsfristen und Bürokratie ziehen den Fortschritt zusätzlich in die Länge. Im Vergleich zu einigen skandinavischen Ländern und den USA wird nur ein Bruchteil an Mitteln für beispielsweise den Ausbau der Mobilfunknetze oder eine einheitlich digitalisierte Verwaltung investiert. Doch genau an diesen Stellen sollte möglichst nicht gespart werden, damit es in Deutschland langfristig wirtschaftlich voran geht.
Auch die digitale Bildung lässt zu wünschen übrig. Sowohl an der Ausstattung von Schulen und Universitäten als auch am Lehrplan hat sich in den letzten Jahren zu wenig getan. Zwar gibt es einen bedeutenden Zuwachs an Fachkräften in der IT-Branche, doch nicht genug, um die immense Anzahl an offenen Stellen zu decken. Digitalisierung und Informatik sollten schon früh in der Ausbildung thematisiert werden, um dem heutigen Zeitgeist gerecht werden zu können.
Fazit
Insgesamt ist es also noch nicht zu spät für Deutschland, seinen digitalen Rückstand aufzuholen. Dazu müsste aber möglichst schnell an den richtigen Stellen eingegriffen und zur Tat geschritten werden, ohne sich zu lange mit regulatorischen Hindernissen aufzuhalten. Nur so kann der entscheidende Schritt zur deutschen Digitalisierung realisiert werden.